Sonntag, 31. Juli 2016
Ich habe doch nichts zu verbergen ...
... ist der häufigste Kommentar wenn man das Thema Datenschutz und Privatsphäre anspricht.

Im Falle der staatlichen Überwachung wird, vor allem durch die Politik wenn es um die Einführung neuer Überwachungsmethoden und Aufweichung der Privatsphäre geht, gerne der “Wer nichts zu verbergen hat, der hat auch nichts zu befürchten”-Rhetorikhammer geschwungen. Und die beabsichtigte und beim technisch vielleicht weniger versierten Empfänger erzielte Wirkung ist dann “Ich plane ja keine Anschläge oder habe sonstwas auf dem Kerbholz, also fängt man damit nur die bösen Jungs und mir schadet das nicht.”

Dass ein jeder etwas zu verlieren hat geht dabei leider unter. Und hier gehts es explizit nicht um “die Leichen im Keller” oder die kleinen Geheimnisse die nicht jeder erfasst sehen möchte. Was wir als Gesellschaft verlieren ist unser Recht auf Privatsphäre und unsere Unschuldsvermutung.

Es ist ein eklatanter Unterschied ob Daten wie z.B. durch eine Telefonüberwachung oder auch das Lesen von Emails erst dann erfasst werden wenn ein Verdacht vorliegt und dann die Untersuchung schuldig/nicht-schuldig erfolgt. In dem Fall kann jeder erstmal davon ausgehen, dass sein Leben unbeobachtet und wirklich frei verläuft solange kein Verdachtsmoment vorliegt.

Im Falle der immer mehr einsetzenden Totalüberwachung ist es anders. Mit dem Erfassen von (mal worst-case) allen Daten aller Bürger wird erstmal jeder als verdächtig angesehen. Wenn sich dann aus den Daten kein Verdachtsmoment ergibt ist man erstmal nicht-schuldig. Die Daten liegen dann aber im Gegensatz zum ersten Fall trotzdem vor! Kann ja immer nochmal ineressant werden, haben ist besser als brauchen. Und inwieweit trotz begrenzter Speicherzeiten wirklich alle Daten gelöscht werden kann sicher hinterfragt werden, denn grundsätzlich gilt: Sind die Daten erstmal erfasst wecken sie auch Begehrlichkeiten. Als Beispiel dafür mag z.B. Diskussion um Verwendung der Mautdaten zur Strafermittlung dienen. Trotz gesetzlich eindeutiger Sachlage kommt die Begehrlichkeit, einfach weil die Daten da sind. (http://www.tagesspiegel.de/politik/lkw-maut-datenschutz-und-internet-innenminister-friedrich-rudert-zurueck-streit-gibt-es-trotzdem/9037146.html)

In dem Fall der Maut-Daten ist es vielleicht erstmal gut gegangen, inwieweit bei Fluggastdaten, Vorratsdatenspeicherung etc. die Lage sich anders entwickelt ist nicht vorhersehbar. Zumal ja mit jedem neuen Terroranschlag oder sonstigem Zwischenfall wieder die “wir brauchen mehr Überwachung, nur so können wir sowas verhindern”-Sau durchs Dorf getrieben wird. Gerne auch gewürzt mit der “hoioioi, es würde Euch beunruhigen zu wissen was wir alles verhindert haben durch die Überwachung. Fragt nicht, aber ganz viel und ganz schlimm, ehrlich”-Nummer. Wenn man dann hört, dass Terroristen vorher bereits auf No-Fly-Listen standen und “ganz geheim” via SMS kommuniziert haben ist der Weg zum sich verhonepiepelt-fühlen ja nicht mehr weit...

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